Da die Diskussion um die angebliche Wirksamkeit von Methadongaben als Krebstherapie ein sich selbst verstärkendes Ausmaß erreicht hat, ist es für das Haus der Krebs-Selbsthilfe mit seinen neun Bundesverbänden notwendig geworden, dem nicht nur entschieden entgegen zu treten, sondern Lösungen anzustreben. Wer die mediale Spreu vom medizinischen Weizen trennt, erkennt sehr schnell, dass hier oftmals mit den verständlichen (Lebens-)Ängsten von Krebspatienten unverantwortlich umgegangen wird. Daher tut sachliche Aufklärung dringend Not, die wir hiermit leisten wollen.
Aktuelle Stellungnahmen aus berufenem Mund erhellen die Situation und lassen weder für Patienten noch für Behandler Zweifel, wie riskant, unerprobt und gefährlich die (zusätzliche) Gabe von Methadon sein kann. Es fehlt einfach die erprobte, wissenschaftliche Grundlage. Dazu äußern sich drei Institutionen, deren Ansehen außer Zweifel steht:
Die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie kommt zu der Schlussfolgerung: [1]
„Die vorgelegten Daten zur Wirksamkeit von Methadon bei Patienten mit Gliomen beruhen auf einer einzigen, unkontrollierten Studie. Diese Daten müssen in kontrollierten Studien überprüft werden, idealerweise in einer randomisierten Studie, alternativ in einer Fall-Kontroll-Studie. Eine kurzfristige Option ist die Durchführung einer Bestfall-Analyse anhand der vorliegenden Dokumentationen. Hierbei kann die DGHO unterstützend tätig werden. Auf der Basis der bisher vorliegenden Daten zur Wirksamkeit und des möglichen Risikos einer erhöhten Sterblichkeit ist eine unkritische Off-Label-Anwendung von Methadon nicht gerechtfertigt.“ *
und schreibt in der Patienteninformation [2]: „Unser Rat zu Methadon:
- L-Methadon (Levomethadon) ist ein wirksames Mittel bei Krebspatienten mit starken Schmerzen.
- L-Methadon ist ein wirksamer Ersatz bei Heroinabhängigkeit
- D,L-Methadon steigert im Labor die Empfindlichkeit von Krebszellen für Chemotherapie. Auf der Basis der bisher vorliegenden Daten ist ein Einsatz als Krebsmedikament außerhalb von klinischen Studien nicht gerechtfertigt.“ *
Die Stiftung Deutsche Krebshilfe führt aus: [3]
„Vor diesem Hintergrund hält es die Deutsche Krebshilfe derzeit für ethisch geboten, Patienten, die nach diesem Behandlungsansatz fragen, dahingehend zu informieren, dass es für diese Form der Krebstherapie momentan noch keine belastbaren Daten aus klinischen Studien gibt.“ *
Der Deutschen Krebshilfe liegt seit kurzem ein Antrag auf Förderung einer randomisierten klinischen Studie vor, bei der die Rolle von Methadon bei Patienten mit Glioblastomen untersucht werden soll. Dieser Studienantrag wird derzeit von ausgewiesenen Experten begutachtet.
Die Universitätsklinik Jena äußert sich: [4]
Derzeit ist die Gabe von Methadon bei Patienten mit Tumorerkrankungen mit dem Ziel, den Tumor zu bekämpfen nicht sinnvoll. Auch wenn die Nachfrage der Patienten aufgrund der zahlreichen Berichte in den Medien verständlich ist, so muss bei fehlender nachgewiesener Wirkung, aber nachgewiesenen Risiken von der Anwendung von Methadon außerhalb der Schmerztherapie abgeraten werden.“*
Auf dieser Grundlage empfiehlt das Haus der Krebs-Selbsthilfe – BV allen Patienten, die eine Methadongabe zur Unterstützung ihrer Krebstherapie erwägen, ihren Arzt mit den zitierten Stellungnahmen zu konfrontieren und mit ihm in einen kritischen Austausch zu treten.
* Hervorhebungen durch HKSH-BV
Quellen
[1] DGHO: Stellungnahme der DGHO. Methadon bei Krebspatienten: Zweifel an Wirksamkeit und Sicherheit. DGHO e.V., Berlin, 26. April 2017 [pdf]
[2] DGHO: Information für Patienten Methadon in der Krebstherapie. DGHO e.V., Berlin, 10. Juli 2017 [pdf]
[3] Deutsche Krebshilfe: Stellungnahme der Deutschen Krebshilfe zu aktuellen Nachfragen zu ‚Methadon in der Krebstherapie‘ sowie geförderten Forschungsarbeiten/klinischen Studien von Frau Dr. Friesen, Universitätsklinikum Ulm, Institut für Rechtsmedizin, Molekularbiologisches Forschungslabor. DKH, Bonn, Juni 2017 [pdf]
[4] Universitätsklinikum Jena: Faktenblatt Methadon, Jena, Mai 2017 [pdf]
Die Stellungnahme des HKSH–BV e.V. kann als PDF hier eingesehen werden.
veröffentlicht am 12.07.2017aktualisiert am 13.07.2017