Aus den Mitgliedsverbänden – Bericht über den bundesweiten DLH-Patientenkongress

Vom 23. bis 24. Juli fand in Würzburg der bundesweite Patientenkongress „Leukämien & Lymphome“ der DLH statt. Lesen Sie hier mehr über die breitgefächerten Vorträge und Workshops.

Videoaufzeichnungen der Vorträge stehen auf der Website der DLH e. V. Ansicht ein. Zu den Aufzeichnungen

Etwas anders und doch vertraut
In diesem Jahr war einiges anders als sonst: Nach zwei Jahren erstmals wieder in Präsenz, stand der 25. DLH-Patientenkongress „Leukämien & Lymphome“ noch immer unter dem Einfluss der Corona-Pandemie. Das spiegelte sich nicht nur in strengen Hygienemaßnahmen wider, sondern auch in einer deutlich niedrigeren Besucherzahl im Vergleich zu den Jahren vor 2020.

Nichtsdestotrotz fanden rund 220 Betroffene, Angehörige und Interessierte am 23. und 24. Juli den Weg ins Maritim Hotel Würzburg, um sich über den aktuellen Stand der Forschung im Bereich Leukämien und Lymphome zu informieren und, vielleicht noch wichtiger, bekannte und neue Gesichter zu sehen und Erfahrungen mit Mitbetroffenen auszutauschen. Dazu gab es reichlich Gelegenheit: Im Rahmen der Workshops, bei der Kontaktbörse, in der Kaffeepause oder beim geselligen Abend. Auch unser Infostand sowie die Infostände der Deutschen Krebshilfe, der DKMS Deutsche Knochenmarkspenderdatei sowie des ABF-Apothekenangebots „Krebs & ich“ waren gut besucht. Unsere neuesten Infoblätter, Patienten-Leitlinien und Broschüren waren besonders nachgefragt, zudem nutzten viele die Gelegenheit zu einem persönlichen Gespräch.

Breites Themenspektrum
Für das wissenschaftliche Programm konnten wir wieder hochkarätige Referentinnen und Referenten gewinnen. Den Auftakt machte der wissenschaftliche Leiter der Veranstaltung Professor Dr. Hermann Einsele vom Universitätsklinikum Würzburg mit seinem Vortrag „Wie funktioniert eigentlich Immuntherapie?“ Ein Thema, das viele Erkrankte umtreibt, denn auf diesem Forschungsgebiet tut sich derzeit eine ganze Menge: Checkpoint-Hemmer, bispezifische Antikörper, CAR-T-Zelltherapie. Professor Einsele bescheinigte den neuen Immuntherapien insgesamt großes Potenzial bei der langfristigen Krankheitskontrolle von Tumorerkrankungen, die bisher schwer oder gar nicht zu behandeln waren.

Unter Checkpoint-Hemmer versteht man monoklonale Antikörper, die primär nicht an der Tumorzelle ansetzen, sondern an Immunzellen. Sie lösen quasi die „Bremsen“ des Immunsystems und unterstützen so die Abwehrreaktion gegen Tumorzellen. Im Bereich der Hämatoonkologie sind Checkpoint-Hemmer zur Therapie des Hodgkin-Lymphoms zugelassen.

Für die CAR-T-Zelltherapie werden den Patienten bestimmte Immunzellen (T-Zellen) entnommen. Diese werden gentechnisch so verändert, dass sie nach Rückgabe in den Patienten bestimmte Oberflächenstrukturen auf Tumorzellen erkennen und diese somit gezielt abtöten können.

Bispezifische Antikörper bringen körpereigene Immunzellen näher an die Tumorzellen heran, die sie zerstören sollen. Das gelingt durch zwei verschiedene Oberflächenstrukturen, von denen eine spezifisch an Immunzellen bindet, die andere an die Tumorzellen. Anders als bei der CAR-T-Zelltherapie müssen bispezifische Antikörper nicht individuell für jeden Patienten hergestellt werden.

Im zweiten Plenarvortrag am Samstagvormittag referierte Dr. Volker Kunzmann, ebenfalls aus Würzburg, über die Chancen und Herausforderungen der Personalisierten Medizin. „Personalisiert“ bedeutet im Hinblick auf die Krebsmedizin: „auf die individuellen genetischen bzw. zellulären Veränderungen zugeschnitten, die für die Krebsentstehung verantwortlich sind.“ Diese Veränderungen können bei Menschen mit der gleichen Krebserkrankung unterschiedlich sein. Aus diesem Grund wirken die Medikamente nur bei einem Teil der Patienten, dafür aber sehr gezielt.

Was ist bei der Erstellung eines Testaments zu beachten? Was ist der Unterschied zwischen allgemeiner und spezialisierter Palliativmedizin, und welche Personengruppen profitieren davon? Zwei hörens- und sehenswerte Vorträge von Claudia Eichner und Professor Dr. Birgitt van Oorschot am Samstagnachmittag setzten sich mit diesen Fragen auseinander. Wer in die Arbeit des DLH-Vorstands Einblick haben wollte, hatte dazu ebenfalls die Gelegenheit.

Der Sonntagvormittag war noch einmal dicht gepackt mit Informationen. Auf großes Interesse stießen die Vorträge „Covid-19: Vorsichtsmaßnahmen, Diagnostik und Therapie“ von Dr. Petra Schulze und „Impfung bei immunsupprimierten Patienten“ von Dr. Daniel Teschner aus Würzburg. Dass die Corona-Pandemie keineswegs vorbei ist, zeigte sich in der angeregten Fragerunde. Vorherrschend waren die Themen Impfstoffe und Impfabstände im Zusammenhang mit Blutkrebserkrankungen, Immunschwäche und Therapien. Die Referenten beantworteten alle Fragen mit viel Einfühlungsvermögen und Geduld.

Nicht minder interessant waren zwei weitere Vorträge am Sonntag: In ihrem Vortrag „Krebsregisterdaten in der Hämatoonkologie“ erläuterte Dr. Soo-Zin Kim-Wanner aus Frankfurt, welche wertvollen Erkenntnisse aus Krebsregistern gezogen werden können, etwa zu regionalen Häufungen von Krebserkrankungen oder zur Wirksamkeit neuer Medikamente. Dr. Markus Krebs, Würzburg und Dr. Wolfgang Schäfer, Heidelberg, betonten in ihrem Vortrag „NCT-Erweiterung – was bringt sie den Patienten“, wie wichtig eine gute Vernetzung von Tumorzentren ist, um Krebspatienten auch im ländlichen Raum gut versorgen zu können.

Für jede(n) der passende Workshop
Der Samstagnachmittag war den verschiedenen Untergruppen der Blutkrebserkrankungen gewidmet: In sechzehn verschiedenen Workshops konnten Betroffene und Angehörige Neues erfahren und ihre individuellen Fragen an die Vortragenden richten. Von diesem Angebot machten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ebenso regen Gebrauch wie von der sich anschließenden Kontaktbörse. Das Bedürfnis, sich mit Gleichbetroffenen persönlich auszutauschen, war nach zwei kontaktarmen Jahren verständlicherweise groß. Dass das nicht nur für die Erkrankten selbst gilt, zeigte sich bei der gutbesuchten Gesprächsgruppe für Angehörige. Für allogen Transplantierte gab es ein Sonderprogramm.

Ein magischer Abend
Am Samstagabend verzauberte der Magier Christoph Kuch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit seinem Programm im wahrsten Sinne des Wortes. Ein weiterer Höhepunkt war die Tombola mit attraktiven Preisen vom kulinarischen Geschenkekorb bis zur Übernachtung im Eishotel. Durch den Abend führten der Moderator, Journalist und Schirmherr der Stiftung-DLH Hannes Hoch.

Herzlichen Dank!
Unser besonderer Dank gilt den Referentinnen und Referenten, die mit großem Engagement den Kongress erst möglich gemacht haben. Viele von ihnen sind an der Universität Würzburg tätig, andere hatten zum Teil lange Anfahrten auf sich genommen, aus Aachen, Bad Mergentheim, Bamberg, Bonn, Frankfurt am Main, Gießen, Heidelberg, Köln, Mainz, Mannheim oder Ulm. Wir danken dem wissenschaftlichen Leiter der Veranstaltung, Herrn Professor Dr. Hermann Einsele vom Universitätsklinikum Würzburg für seinen unermüdlichen Einsatz. Mit dem gemeinsam erarbeiteten Hygienekonzept wurde dafür gesorgt, dass sich alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer sicher fühlen konnten. Alle Beteiligten haben sich konsequent daran gehalten – herzlichen Dank dafür!

Last but not least danken wir auch allen Organisatoren und Helfern, viele davon ehrenamtlich, für ihre großartige Arbeit. Ohne sie wäre ein reibungsloser Ablauf des Programms nicht möglich gewesen.

Die folgenden Institutionen haben den Kongress ideell unterstützt:

BNHO (Berufsverband der Niedergelassenen Hämatologen und Onkologen in Deutschland e.V.), DGHO (Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e.V.), Kompetenznetz akute und chronische Leukämien, Kompetenznetz Maligne Lymphome e.V.

Für die großzügige Unterstützung der Veranstaltung danken wir den folgenden Organisationen: Deutsche José Carreras Leukämie-Stiftung e.V., Universitätsklinikum Würzburg, DKMS Stiftung Leben, Stiftung-DLH, Stiftung Deutsche Krebshilfe und nicht zuletzt dem Maritim Hotel Würzburg.

Zum Anschauen
Videoaufzeichnungen der Vorträge werden in Kürze auf der Website der DLH e. V. bereitstehen. Weiterführende Informationen gibt es unter www.leukaemie-hilfe.de.

Zum Vormerken
Der 26. DLH-Patientenkongress ist für den 17./18. Juni 2023 in Magdeburg geplant.

veröffentlicht am 12.08.2022
aktualisiert am 30.08.2022