Stellungnahme zu den Plänen des BMG, selbst über neue Kassenleistungen zu entscheiden

(Bonn, 18. 01.2019) Alarmiert nimmt das Haus der Krebs-Selbsthilfe – Bundesverband e.V. (HKSH-BV) den Änderungsantrag zum Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) des BMG vom 09.01.2019 zur Kenntnis.

Ein Inhalt des Änderungsantrags ist der Einschub des § 94a „Verordnungsermächtigung zur Aufnahme von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden“ in das SGB V. Dies hätte zur Folge, dass das BMG ohne Zustimmung des Bundesrates und vor allem ohne dass der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) sich damit befasst oder einen Beschluss vorgelegt hätte – somit wohl ohne Evidenz – Untersuchungs- und Behandlungsmethoden bestimmen kann, die in der Versorgung zu Lasten der Krankenkassen zu erbringen sind.

Zwar sieht der Änderungsantrag vor, dass in die jeweilige Abwägungs-entscheidung des BMG medizinisch wissenschaftliche Fachgesell-schaften sowie Patientenorganisationen einbezogen werden sollen, er stellt jedoch auch klar heraus, dass das BMG dies auch dann vollziehen kann, wenn der Nutzen einer zu bestimmenden Methode noch nicht nach den Grundsätzen der evidenzbasierten Medizin erbracht ist.

An dieser Stelle sehen wir die Patientensicherheit aus mehreren Gründen in Gefahr:

  • Eine wissenschaftlich methodische Untersuchung und Bewertung vor Aufnahme neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in den Leistungskatalog der GKV würde nicht regelhaft erfolgenbzw. wäre mitunter noch nicht abgeschlossen, was zu einer hohen Verzerrung des Gesamteindruckes in Richtung eines Nutzens führen kann.
  • Das Gefährdungspotential einer neuen Methode wird nicht erkannt bzw. nicht ausreichend bewertet, da Risiken und Nebenwirkungen im Vorfeld nicht strukturiert und nicht langfristig erhoben werden.
  • Mit einer so geplanten Verordnungsermächtigung des BMG öffnen sich Tür und Tor, versorgungsrelevante Entscheidungen nicht mehr auf Basis von evidenzbasierter Medizin zu treffen, sondern aufgrund von eher intransparenten Partikularinteressen.

Vor diesem Hintergrund und zur Wahrung der Patientensicherheit warnt das HKSH-BV vor einer unkritischen Zustimmung zum Änderungsantrag des TSVG in der vorliegenden Form.

Unabhängig davon begrüßen wir die Bemühungen, Beratungsverfahren im G-BA zu beschleunigen. Richtig ist, dass sich Erprobungsverfahren mitunter über längere Zeiträume als veranschlagt hinziehen. Dies kann zu Lasten von PatientInnen gehen, denen dadurch der erstattungsfähige Zugang zu bestimmten Behandlungen und Methoden bis zur Beschlussfassung verwehrt bleibt.

Insofern teilt das HKSH-BV die zugrundeliegende Kritik an vereinzelt sehr langen Beratungsverfahren des G-BA. Die Lösung darf aus unserer Sicht dennoch nicht sein, dass eine für den G-BA bestehende Verfahrungsordnung zur methodisch sauberen Generierung von Evidenz durch eine Verordnungsermächtigung des BMG über die Bestimmung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden übergangen wird.

Sollte sich das BMG in Einzelfällen ohne abschließenden Beschluss des G-BA für die Aufnahme einer bestimmten Leistung in den Katalog der GKV entscheiden, so kann es eine solche Richtlinie nach § 94 Abs. 1 S. 5 SGB V bereits heute verabschieden. Dies sollte dann aber auch entsprechend gekennzeichnet werden. Eine Verordnungsermächtigung für das BMG ist dafür jedenfalls nicht nötig.

Stellungnahme als PDF-Datei

Ansprechpartnerin: Dr. Stefanie Houwaart, houwaart@hausderkrebsselbsthilfe.de

 

Da die Diskussion um die angebliche Wirksamkeit von Methadongaben als Krebstherapie ein sich selbst verstärkendes Ausmaß erreicht hat, ist es für das Haus der Krebs-Selbsthilfe mit seinen neun Bundesverbänden notwendig geworden, dem nicht nur entschieden entgegen zu treten, sondern Lösungen anzustreben. Wer die mediale Spreu vom medizinischen Weizen trennt, erkennt sehr schnell, dass hier oftmals mit den verständlichen (Lebens-)Ängsten von Krebspatienten unverantwortlich umgegangen wird. Daher tut sachliche Aufklärung dringend Not, die wir hiermit leisten wollen.

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„Da kommt ein neues Medikament gegen Brustkrebs auf den Markt und schon ist der Streit da. Nützt Palbociclib (Ibrance®) den betroffenen Frauen mehr als die bisherigen Behandlungsmöglichkeiten oder nicht? Die Auseinandersetzung wird hochemotional geführt. Das  zeigt sich in Stellungnahmen, aber auch youtube Videos von wissenschaftlich aufgemacht bis anklagend und einer Online-Petition an den Bundestag.“ Quelle BUKO Pharma-Kampagne, Pharma-Brief 4/2017.

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Die Patientenvertretung ist eine der zentralen Aufgaben der Krebs-Selbsthilfe, so auch des HKSH–BV e.V. und seiner Mitgliedsverbände. In den Gremien des Gemeinsamen Bundesausschusses beraten wir beispielsweise mit ca. 30 Patientenvertretern mit.
Aus aktuellem Anlass geht das HKSH–BV auf die Begründung der Petition “Wir fordern die Wahrung von Patienteninteressen bei der Beurteilung von Krebsstudien durch den G-BA” ein, die im Nachgang zum Beschluss des G-BA bezüglich des Wirkstoffs Palbociclib ins Leben gerufen wurde. Die dazu angeführte Begründung enthält inhaltliche Unstimmigkeiten, die das HKSH–BV als vertretene Patientenorganisation in seiner Stellungnahme korrigierend klarstellen möchte.

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